18. Januar 2024

Kein Ende ist ein Ende

 Natürlich in Portugal

Eine Schweizer Journalistin hat mich gestern für ein Schweizer Kulturjournal interviewt. Natürlich freut mich das, natürlich war ich aufgeregt.

Sie möchte mich porträtieren, sagte sie, eingebettet in ihre eigenen Eindrücke über Portugal, das sie durch meinen Blick mit den Augen und dem Herzen kennengelernt hat. 

Ein anderer Ansatz, war mein erster Gedanke, neugierig wie ich bin, gespannt auf ihre Fragen. Und überrascht über meine Antworten ... 

Im Laufe des Gespräches stellte sie mir sehr intime Fragen über die Beziehung zwischen Portugal und mir, und meiner Arbeit als Schriftstellerin.

Um Antworten war ich nicht verlegen, denn es entwickelte sich ein Sog, der mir so bislang noch nicht passiert ist. Es war die Art von Vertrautheit, die sich zwischen uns senkte, die mich berührt hat. Meine Kollegin hatte sich nicht nur Gedanken über meine Bio und Bücher gemacht, nein, sie hat sich welche über mich als Mensch  gemacht.

Natürlich sprachen wir über Recherche, über Figurenentwicklung, und darüber, was mich an Portugal fasziniert, doch viel intensiver über das, was meine Arbeit in mir bewirkt. 

Ein spannender Blickwinkel, über den ich mich bislang öffentlich nicht geäußert habe, und habe mich gefragt, warum nicht. Vielleicht liegt es daran, dass bisher noch keine Journalistin oder Journalist soweit zu mir vorgedrungen ist, oder lag es daran, dass ich mich bisher noch nie soweit auf dem Fenster gelehnt habe? Vermutlich beides, noch eher muss die Zeit reif sein, für ein solches Statement über die eigene Arbeit, das eigene Leben, die eigenen Gedanken.

In Reflexion versunken, fuhr ich nach Hause, als mich eine Erkenntnis packte: Portugal hat mir mehr als ein zweites, ein neues Leben geschenkt, die Liebe meine Lebens noch dazu, und mich zur beruflichen Schriftstellerei verführt - Portugal hat mir den Weg zur Freiheit offenbart. Das Volk hat sich damals vor fünfzig Jahren aus der Klaue der politischen Diktatur befreit. Ich habe mich - metaphorisch - in Portugal von meiner eigenen Vergangenheit befreit.

"Weißt Du, Catrin", sagte meine Kollegin gestern zu mir. "Kriminalroman schreibst Du keinen mehr, Du hast damit abgeschlossen, so wie Deine Hauptfigur, die Dora." 

Dieser Satz klingt nach, wird er noch lange, denn da steckt mehr Wahrheit drin, als zu hören ist. Mein Zyklus des Ankommens in einem fremden Land hat also gestern sein Ende gefunden. Ich bin Ich - ich bin frei.

Ein Ende ist kein Ende und kein Ende ist ein Ende. Ab heute fängt etwas Neues an. Natürlich in Portugal.

Danke Maya.